Ökologisches Bauen – eine ehrliche Betrachtung

Unsere Lebensweise entwickelt sich (wenigstens bei manchen) erfreulich in Richtung Nachhaltigkeit, Ökologie und Gesundheitsbewusstsein. Man fährt Rad, isst biologisch und hüllt seinen Körper in Fair-Trade Kleidung, was liegt da näher als auch die Räume in denen wir einen Grossteil unserer Zeit verbringen ökologisch einwandfrei herzustellen. Aber was ist ökologisches und nachhaltiges Bauen wirklich? Hier eine ehrliche Zusammenstellung zu einem gar nicht mal so leichten Thema…

Ökologisches Bauen – Was ist das ?

Nachhaltigkeit ist die Ressourcennutzung unter Rücksichtnahme auf die natürlich Regenerationsfähigkeit des Systems. Auf Deutsch ich verwende nur, was die Natur verkraften und ersetzen kann.

Beim Bauen darauf zu achten macht auch Sinn, weil der Sektor Bau ein richtig grosser Brocken in Sachen Umwelt sind. 1/4 des gesamten Energieverbrauchs geht auf Kosten von Wohngebäuden und von dem Viertel, das in der Industrie verbraucht wird ist wiederum ein Viertel für die Baubranche. Die Hälfte allen Abfalls kommt aus dem Baugewerbe. Es geht also um etwas…

Hier eine Zusammenstellung von Faktoren, die die ökologische Nachhaltigkeit beim Bau ausmachen.

Flächenverbrauch, Versiegelung etc.

Wesentlich ist, dass ein Bauwerk einen massiven Eingriff in die Natur darstellt. Einerseits wird Fläche und Natur „verbraucht“. Dies hat Reduktion von Pflanzen, Tieren, Arten usw. zur Folge, aber auch die Versiegelung unseres Bodens mit einhergehender Abwasserproblematik etc. Alleine die Tatsache, dass gebaut wird ist also ein Eingriff, der Schaden anrichtet. Dies mag pathetisch und auch übertrieben klingen. Natürlich sterben die Tiger nicht aus, weil wir ein Haus auf die Wiese stellen, aber man darf das Problem keinesfalls unterschätzen. Täglich werden 20ha Fläche verbraucht. Das entspricht der Fläche der Stadt Salzburg. In den vergangenen 60 Jahren ist die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche verloren gegangen. Der besiedelbare Raum in Österreich ist bereits zu 15 % verbraucht.oekohaus

In Österreich aussterbende Tierarten wie Amphibien, Reptilien etc. sterben ganz konkret aus, weil Lebensraum verloren geht und sich Wasserstands- und Feuchtigkeitsverhältnisse in Lebensräumen ändern.

Der Flächenverbrauch ist also ein tatsächlich existier
endes Problem, keine theoretische Herumrechnerei.

Hier erreicht man Nachhaltigkeit also am leichtesten indem man keine neue Fläche verbraucht. Bereits bestehende Häuser sanieren, oder neu aufbauen ist also deutlich nachhaltiger als auf ein frisch umgewidmetes Feld ein neues Haus hinstellen. Weiters kann man in Sachen Flächenversiegelung und Flächenverbrauch auf Nachhaltigkeit achten. Versickerung, Regenwassernutzung, Dachbegrünung um nur ein paar Schlagworte zu nennen. Ein Bungalow mit vielen Versiegelten Flächen, Doppelgarage usw. braucht deutlich mehr Fläche als ein auf nachhaltigen Flächenverbrauch optimiertes Mehrstockhaus. Eigenartig ist, dass ihnen kein Baumeister sagen wird „Sie wollen nachhaltig bauen, dann bauen Sie klein.“, obwohl das schon einer der wesentlichsten Schritte zur nachhaltigen Bauweise wäre.

Baustoffe

Ökobaustoff ZiegelHier steigt die Wirtschaft schon eher ein. Frage ist welche Baustoffe nachhaltig sind. Prinzipiell kann man Holz als sehr nachhaltigen Baustoff bezeichnen. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, wird meist in heimischer Produktion gefertigt, hat kurze Transportwege und kaum Energiebedarf für die Erzeugung. Fast ein idealer Baustoff in Bezug auf Ökologie und das wird ja auch entsprechend vermarktet. Allerdings werden Holzhäuser üblicherweise mit Glaswolle gedämmt. Glaswolle ich zwar gar kein so „böser“ Baustoff, wie viele glauben, braucht aber sehr viel Energie in der Erzeugung. Dann werden klebergebundene OSB Platten als Abdeckung verwendet. Dazwischen kommen Plastikfolien als Dampfbremsen. Darüber werden Gipsplatten geschraubt. Hier geht nicht nur die ökologische sondern auch die gesunde Bauweise flöten. Der wahrscheinlich größte Faktor, der gegen Holz Spricht ist aber die kürzere Lebensdauer. Aber dazu später.
Ich möchte keinesfalls Holz als Baustoff schlecht reden, aber Holz ist nicht zwangsläufig ein ökologischer Baustoff. Auch dazu muss man sich etwas Gedanken machen.

Insgesamt sollte ein ökologischer Baustoff folgende Kriterien erfüllen:

  • Nachwachsender Rohstoff
  • energiearme Erzeugung und Verarbeitung
  • kurze Transportwege
  • gute Möglichkeit der Wiederverwertung/Recycling
  • keine Giftstoffe (Holzschutz, Halogene, radioaktive Strahler, Schwermetalle usw.)
  • lange Lebensdauer

Lebensdauer

Ein Haus zu bauen verursacht also ökologischen Schaden. Steht das Haus dann 300 Jahre verteilt sich dieser Schaden (plus der einiger Sanierungen) auf 300 Jahre. Baut man ein billiges Fertigteilhaus mag dieser Schaden geringer ausfallen, man bedenke aber, dass heute 30 Jahre alte Fertighäuser durchaus abgerissen werden, weil sich eine Sanierung nicht mehr lohnt. Hier verteilt sich der ökologische Schaden auf ein Zehntel Lebensdauer. Nachhaltiges Bauen muss also Bauen sein, das langfristige Nutzung annehmen lässt. Baurestmassen und Aushub machen immerhin 52% des Gesamtabfallaufkommens aus.

Energieeffizienz

Der Punkt an den wahrscheinlich jeder zuerst denkt, wenn er an ökologisches Bauen denkt ist die Energieeffizienz. Hier gibt es ja hinreichend Infos über Heizzahlen, Energieausweis und Energiestandards. Heute wird man je bereits gesetzlich verpflichtet eine vernünftige Energiekennzahl beim Bau zu erreichen. Zum Thema Energieeffizienz stellt sich unter anderem die Frage nach dem Dämmstoff. Hier gibt es sehr gute ökologische Dämmstoffe. Aber auch die Frage ob Solaranlage, welches Heizsystem, sinnvolle Hausform und Ausrichtung usw.

Versuch der Quantifizierung

Jetzt auszurechnen wie ein Haus genau aussehen muss um den geringstmöglichen ökologischen Impact zu verursachen ist unmöglich. Sehr interessant ist die Berechnung von Ökoindices für Baustoffe. Diese werden vom Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie veröffentlicht. Hier werden für jeden Baustoff Energieverbrauch, CO2 Äquivalente usw. für den gesamten Lebenszyklus errechnet und veröffentlicht. Hier ein kleiner Auszug.

Baustoff Einheit CO2 (kg) nicht erneuerbare Energie (MJ)
Leichtziegel kg 0,0182 2,45
Beton kg 0,038 0,68
Holz kg -1,438 3,87
OSB-Platte kg -1,05 12,5
Fassadenstyropor kg 4,17 105
Glaswolle kg 2,45 50
Steinwolle kg 1,9 23
Schafwolle kg 0,53 21
Hanfplatten kg 0,07 30
Korkplatte kg -1,22 7
Gipskartonplatte kg 0,087 5,8
Lehmputz kg 0 0,45
Kalkzementputz kg 0,15 1,45

Noch interessanter wird es aber natürlich, wenn man Wandaufbauten vergleicht. Hier drei zeitgemäße Wandaufbauten:

1. 50cm Ziegel mit Putz

Ein solches Meisterwerk wiegt 14kg. Man benötigt 20 Stück um einen m2 Wand zu erzeugen. Gibt 280kg Ziegel pro m2. Dazu kommt 2x Putz je ca. 1cm. kommt man auf ca 30kg Putz pro m2. Das ergibt ein CO2 Äquivalent von 9,6kg. Wohlgemerkt teilen sich Putz und Ziegel diese Belastung ca. halbe halbe. Mit Lehmputz innen kann man die Belastung also um ein Viertel reduzieren. Der Energiebedarf beträgt für Putz 43,5MJ, für die Ziegel 686 MJ. Ergibt 730MJ pro m2 Wand. (=204 kWh)

2. 25cm Ziegel mit 20cm EPS VWS

173kg Ziegel, 3,2kg EPS, 3kg Kleber, 3kg Reibputz, 15kg Innenputz
CO2: 3,15 (Ziegel) + 13,3(EPS) + 1(Kleber) + 1,85(Reibputz) + 2,25(Innenputz) = 21kg CO2
Energie: 424(Ziegel) + 336(EPS) + 12(Kleber) + 36,6(Reibputz) + 1,12(Innenputz) = 810MJ
Nicht berücksichtigt: Dübel, Netz

Holzriegelbauweise 25cm Wandstärke, OSB Beplankung, innen Gipskarton, aussen Silikonharzputz

12,5kg Holz, 30kg OSB, 14kg Gipskarton, 3kg Reibputz, 2kg Klebespachtel, 7,8kg Glaswolle
CO2: -18(Holz), -31,5(OSB), 1,2(Gipskarton), 1,85(Reibputz), 0,7(Kleber), 19,11 (Glaswolle) = -10kg CO2
Energie: 48,4(Holz), 375(OSB), 81(Gipskarton), 36,6(Reibputz), 8(Kleber), 390 (Glaswolle) = 940MJ

ökologischer Vergleich Ziegel und Holz

Obwohl die Holzriegelwand sehr einfach aufgebaut ist hat sie zwar vom CO2 Äquivalent grosse Vorteile, braucht aber die meiste nicht erneuerbare Energie in der Erzeugung. Dass das inhomogene Gemisch (wie auch bei der Ziegelwand mit EPS) deutlich schwieriger rückzubauen ist ist ein weiterer Nachteil. Dann ist die Lebensdauer der Holzriegelwand sicher am kürzesten. Somit ist die Aussage, dass Holz ein ökologischer überlegener Baustoff für Wandaufbauten ist allgemein nicht immer richtig. Es wurde weiters nicht berücksichtigt, das Holzriegelwände meist noch deutlich komplizierter aufgebaut sind um fehlende Speichermasse auszugleichen etc.

Es hält sich ja auch hartnäckig das Gerücht, dass Styropor so viel Energie in der Erzeugung vernichtet, dass es das als Isolierung nicht mehr einsparen kann. Dazu überschlagen wir mal kurz: Ein modernes Haus benötigt um die 20kWh / Jahr / m2 Wohnfläche. Ein fiktives 130m2 Haus braucht also 2600kWh Heizenergie pro Jahr. Die Außenhaut nehmen wir mit 300m2 an. Mit einer VWS Fassade braucht die Aussenwand gesamt  67.500kWh. Damit kann man das Haus 26 Jahre heizen. Davon braucht aber das Styropor nicht einmal die Hälfte. Heizen würde man aber deutlich mehr als das doppelte. Prinzipiell lohnt sich ein VWS also sicher, auch ökologisch. Trotzdem sieht man wie wichtig die Erzeugungsenergie zu bewerten ist, weil diese doch einen recht beachtlichen Teil an der Gesamtenergie während des Lebenszyklus in Anspruch nimmt.. Für die Umwelt ist es sicher besser man verwendet einen Lehmputz als man kauft Energiesparlampen. (Um einen sinnlosen, aber richtigen Vergleich anzubringen 😉

Die anteilsmäßig sehr hohe Erzeugungsenergie lässt sich am effizientesten reduzieren indem man die Nutzungsdauer erhöht.

Wirklich ökologisch bauen tut man also vorrangig in dem man flächensparend baut, eventuell sogar saniert und eine hohe Nutzungsdauer erreicht. Dann sollte schon ein allgemein guter Energiestandard angestrebt werden. Alternative Dämmstoffe bringen energietechnisch überraschend wenig, sollen aber natürlich nicht schlecht geredet werden. Eine Solaranlage und Regenwassernutzung sind tolle Dinge, die jeder verwenden sollte, jedoch ist der ökologische Nutzen zahlenmäßig nicht mehr so hoch.

Ich will hier keineswegs ökologische Bemühungen und Produkte schlecht reden. Wer wirklich ökologisch baut, sollte aber alle Aspekte betrachten. Der Fertighausverkäufer wird beeindruckende Balkendiagramme mithaben, wie ökologisch sein Baustoff ist, dass man aber der Umwelt weniger schadet, wenn man 10m2 weniger baut, erwähnt er nicht. Wenn du ökologisch baust halte die Augen offen. Es gibt viele Fallen.


  1. Alina Smesic

    Ich finde deine Seite hier und deine Ansichten ganz toll.
    Wie würdest du es finden wenn du dir mal unser Projekt anschaust.
    In diesem Fall fällt der Apfel nicht weit vom Stamm.
    Neugierig? Sei es, du wirst es nicht bereuen.

    Wenn Träume fliegen lernen,
    Alina Smesic

    Antworten
  2. Christoph Horstmann

    Hi,

    guter Artikel und das wichtigste Fazit kommt leider etwas zu kurz. BAUT KLEINER. Leider setzen uns in Deutschland und wohl auch in Österreich die Behörden einen Riegel davor.
    Man hat gefälligst groß, dann aber mit sündhaft teurer und sinnfreier Dämmung/Zwangslüftung usw. zu bauen.
    Kennt ihr die TinyHouse Bewegung aus den USA zB?
    Oder die Wagenleben-Menschen.

    Zum Holzhaus. Ein gut gebautes Holzhaus hält sicher genauso lang, wie jedes Beton-/Ziegelhaus. Es gibt Bauwerke zB in Japan usw. die mehr als 3000 Jahre alt sind. Aus Holz.
    Wenn man also neu baut sollte man so klein wie irgendmöglich bauen und das „gesparte“ Geld lieber in sinnvolle Dinge, wie besserer Materialien usw. investieren. Hohe Autarkie ist anzustreben, in meinen Augen.

    Außerdem, selbst wenn ein Holzhaus mal so zermürbt sein sollte, dass es „weg“ muss, kann man es gesittet zurückbauen und viele Teile (Balken usw.) nochmals verwenden, für Schuppen oder Ähnliches.

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  3. kittekat

    Die Rechnung stimmt leider gar nicht.

    Bei Ziegel ist es 0,2kg CO2 pro kg Ziegel. D.h. ca. 34kg Ziegel pro m2 Wand und nicht 3kg.
    Auch das mit den 18kg CO2 pro m2 Reibputz ist sehr unrealistisch.

    Bitte überprüfe das mal

    Antworten
    1. kittekat

      Sorry, wollte schreiben 34kg CO2 pro m2 25-er ziegelwand (0,2 x 175kg Ziegel/m2)

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    2. comment by losmuchachos
      el muchacho

      Hallo !

      Also ich finde in der Liste Werte von 0,02 für Ziegel nicht 0,2.
      Der Reibputz hat 1,8 nicht 18. Da hab ich mich vertippt und korrigiere das. Gerechnet hab ich allerdings mit dem richtigen Wert, also die Summe bleibt gleich.

      Antworten
  4. Peter

    Danke für den sehr interessanten Artikel. Im modernen Holzrahmenbau verwendet man keine Plastikfolie als Dampfsperre, dies übernimmt die OSB-Platte. Im weiteren verwendet man statt der Glaswolle heute Zellulosedämmung und als Putzträger Holzfaserplatten. Damit kippen dann die oben genannte CO2- und Energierechnung auf die andere Seite. Interessant dann hier auch der Anteil an erneuerbaren Energien und somit auch das Treibhauspotential bei dies Dämmstoffen.

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